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Communiqué vom 20. September 2002
MThB: Lösung zeichnet sich ab

SBB übernehmen Anlagen und Personal

Für die finanziell stark angeschlagene Mittelthurgaubahn MThB zeichnet sich eine Lösung ab: Gemäss einem gestern abgeschlossenen Rahmenvertrag übernehmen die SBB in einem «Asset Deal» praktisch alle Aktiven inklusive Infrastruktur sowie – gemeinsam mit der Thurbo AG – alle 240 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Anschliessend geht die MThB in die ordentliche Liquidation. Die Generalversammlung der MThB und der Verwaltungsrat der SBB müssen der Vereinbarung noch zustimmen.

Vertreter der Mittelthurgaubahn haben in den letzten Monaten im engen Kontakt mit Behördevertretern des Kantons Thurgau und des Bundesamts für Verkehr die prekäre Situation der MThB analysiert und nach Lösungen gesucht. Die MThB ist überschuldet und in den letzten Monaten arg in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Wesentlichen finanziellen Verpflichtungen konnte sie seit längerer Zeit nicht mehr nachkommen. Allein gegenüber den SBB belaufen sich die Schulden auf 23 Millionen Franken. Daneben bestehen hohe Bankverbindlichkeiten: das Rollmaterial ist praktisch zu 100 Prozent fremdfinanziert. Auch gegenüber dem Bund bestehen Verpflichtungen: Bundesmittel im Umfang von 11,5 Millionen Franken als Abgeltung für Investitionen in die Infrastuktur wurden nicht gemäss den abgeschlossenen Vereinbarungen – jedoch aber für die Eisenbahninfrastruktur – eingesetzt.

Die vom Verwaltungsrat der MThB im Frühsommer in Auftrag gegebene Analyse zur Lage der MThB gelangte zum klaren Schluss: Aus eigener Kraft kann die Gesellschaft die bestehende Situation nicht bereinigen. Die Überschuldung könnte zwar geheilt werden, der notwendige Neugeldbedarf von 40 Millionen Franken kann aber nicht finanziert werden. Entsprechend orientierten sich die Lösungsbemühungen auf die Suche möglicher Partnergesellschaften.

Dabei wurden mit den SBB intensive Gespräche geführt: den Bundesbahnen wurde angetragen, die Aktienmehrheit der MThB zu übernehmen gegen die Verrechnung der ausstehenden Forderungen. Die SBB lehnten das Angebot eines sog. «Share Deals» ab mit Verweis auf die unkalkulierbaren Risiken, die mit der Übernahme des Aktienmantels verknüpft gewesen wären.

Alle MThB-Mitarbeitende werden übernommen
Um die drohende Zwangsliquidation der MThB abzuwenden, boten die SBB indes einen sog. «Asset Deal» sowie die Übernahme des gesamten Personals an. Der Rahmenvertrag zu einer entsprechenden Übereinkunft wurde von den Vertragspartnern gestern unterzeichnet. Bis Ende Monat werden jetzt die Einzelverträge ausgearbeitet. Das ganze Geschäft bedarf dann noch der Zustimmung des Verwaltungsrates der SBB sowie der Generalversammlung der MThB vom 11. Oktober 2002. Ein weiterer Vorbehalt betrifft den Ausgang der Due Diligence.

Gemäss der getroffenen Vereinbarung übernehmen die SBB praktisch alle Aktiven und – zusammen mit der Thurbo AG – sämtliche 240 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der MThB: rund 140 Mitarbeiter des Personenverkehrs und die Lokführer des Güterverkehrs wechseln auf den kommenden Dezember zur Thurbo AG; die anderen knapp 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Infrastruktur, Güterverkehr und Verwaltung arbeiten künftig für die SBB.

So geht es weiter bei der Thurbo
Unbesehen der unerwarteten Ereignisse hätte die MThB ab kommendem Dezember den Personenverkehr nicht mehr in eigener Regie betrieben. Dieser wird ab dem Fahrplanwechsel von der Thurbo AG geführt. Neben den rund 140 Mitarbeitenden übernimmt die Thurbo von der MThB auch einen Teil des Rollmaterials (GTW).

Anstelle der MThB übernimmt der Kanton Thurgau über einen Forderungsverzicht auf bedingt rückzahlbare Darlehen zehn Prozent des Aktienkapitals der Thurbo AG; 90 Prozent des Aktienkapitals sind bei den SBB. Mit der Beteiligung des Kantons Thurgau ist die angestrebte starke regionale Verankerung der Thurbo weiterhin garantiert. Der Kanton Thurgau stellt auch ein Mitglied des Verwaltungsrates der Thurbo AG.

Mit der Loslösung des Personenverkehrs aus der MThB reduzierte sich das Geschäftsfeld der MThB auf dasjenige einer Infrastruktur-Gesellschaft mit zwei Bahnlinen und einer Werkstätte sowie der Cargogesellschaft Lokoop AG.

Was passiert mit der Infrastruktur?
Die Stammlinie Kreuzlingen–Wil wurde bisher im Eigentum der MThB geführt. Finanziert wurde sie durch den Bund und die Kantone. Jetzt übernimmt die Thurbo AG die Stammlinie und das Depot Weinfelden. Über Forderungsverzichte des Bundes wird ein Eigenkapital von 23 Millionen Franken gebildet zur Verrechnung der SBB-Forderung in derselben Höhe. Sollten sich bei einer späteren Prüfung aus SBB-Sicht weitere Überbewertungen ergeben, leistet der Bund weitere Forderungsverzichte.

Die Seelinie Schaffhausen–Romanshorn ist im Eigentum der SBB, wurde aber 1997 für die Dauer von zehn Jahren an die MThB verpachtet. Diese übernahm damit auch die Verantwortung für die Investitionen, die vom Bund und den Kantonen Thurgau und St. Gallen geleistet wurden. Wegen der Zahlungsrückstände haben die SBB den Pachtvertrag für die Seelinie bereits per Ende September 2002 vorsorglich gekündigt.

Für die Seelinie vereinnahmte die MThB vom Bund einen zweckgebundenen Betrag von 11,5 Millionen Franken, ohne die vereinbarten Investitionen zu tätigen. Deshalb haben die SBB angeboten, diese Verbindlichkeit zu übernehmen. Die dafür nötige Rückstellung wird über einen Forderungsverzicht des Bundes gebildet. Die Zinskosten zur Finanzierung der 11.5 Millionen Franken übernehmen die SBB.

Und die Lokoop AG?
Die Güterverkehrsgesellschaft Lokoop AG ist zu 100 Prozent im Besitz der MThB. Sie weist einen Jahresumsatz von rund 15 Millionen Franken aus. Das Rollmaterial der Lokoop besteht aus 18 alten Lokomotiven des Typs Ae477 aus der ehemaligen DDR. Bei der Lokoop bestehen Bankverbindlichkeiten in der Höhe von 9,2 Millionen Franken. Die sechs neueren Lokomotiven Re486 hingegen befinden sich nicht im Besitz der Lokoop, sondern sind von der Muttergesellschaft MThB AG geleast.

Gemäss dem gestern unterzeichneten Rahmenvertrag veräussern die MThB und die Lokoop praktisch das ganze Rollmaterial von MThB und Lokoop an die SBB. Dazu gehören unter anderem auch der «Churchill-Pfeil» sowie die 18 DDR-Loks. Der Verkaufspreis für das Rollmaterial beläuft sich auf rund 130 Millionen Franken. Da bei der MThB praktisch sämtliches Rollmaterial belehnt ist, muss dieser Erlös vollumfänglich zur Kreditamortisation verwendet werden.

SBB Cargo übernimmt von der Lokoop die laufenden Kundenverträge. MThB: «Weichen richtig gestellt»
Nach Verkauf von Rollmaterial und Transfer der Infrastruktur verbleiben in der Bilanz der MThB und Lokoop lediglich das Umlaufvermögen und kurzfristige Verbindlichkeiten sowie einige vereinzelte Werte (Nostalgiefahrzeuge, Liegenschaft etc.).

Die Verantwortlichen der MThB sind überzeugt, eine angesichts der äusserst schwierigen Ausgangslage nahezu optimale Lösung gefunden zu haben. Insbesondere freuen sie sich, dass alle 240 Mitarbeitenden im Rahmen der Vereinbarung von den SBB und der Thurbo übernommen werden können. Die MThB ist zuversichtlich, dass mit dieser Vereinbarung die Weichen richtig gestellt worden sind für einen erfolgreichen Ausbau des öffentlichen Verkehrs im Kanton Thurgau und in der ganzen Region Ostschweiz.

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